Erkrankungen durch Luftschadstoffe und notwendige politische Konsequenzen

Dr. med. Gottfried Arnold, Dr. rer.nat. Walther Enßlin*Karl Wilhelm Bergfeld danke ich für die technische Unterstützung
Februar 2021

1 Einleitung:

Neben der Haut und dem Magen-Darm-Trakt sind die Atemwege ein besonders bedeutungsvolles Organ, über das Schadstoffe aus der Umgebung aufgenommen werden. Ein gesunder, schlanker Erwachsener atmet unter Ruhebedingungen in einer Minute z.B. 10 mal ein und nimmt damit bei einem Atemzugvolumen von 420 ml 4,2 Liter Umgebungsluft ein. An einem Tag kämen so (4,2 x 60 x 24 l = 6.048 l) über 6000 Liter zusammen. Während grobe Stoffe der Außenluft schon in der Nase hängen bleiben, dringen die kleineren Anteile bis in die Bronchien vor. Ein Teil der kleinen Partikel bleibt in der Lunge hängen, wie Raucher es von den Aufdrucken ihrer Zigarettenpackungen wissen. Die große Oberfläche der ca. 300 Millionen Lungenbläschen von insgesamt ca. 80–120 m² gewährleistet eine ausreichende Aufnahme von Sauerstoff und Abgabe von Kohlendioxid (CO₂). Im Gegensatz zur sehr effektiven Blut-Hirn-Schranke, ist die Luft-Blut-Schranke wegen des erforderlichen Gasaustausches nur schwach ausgeprägt. Ein Teil der kleinsten Feinstaubpartikel, die bis in die Lungenbläschen gelangt sind, können daher mit dem Blutstrom zu allen Organen transportiert werden und sogar bis ins Gehirn gelangen.
Der Weg, den diese Gase oder Feinststaubpartikel nehmen, weist somit schon auf die Vielzahl von Erkrankungen hin, die durch Luftschadstoffe möglich sind: zunächst einmal Atemwegserkrankungen, aber durch den Weitertransport auch Probleme an den Herzkranzgefäßen und im Gehirn. Diese kleinen Feinstaubpartikel lösen Entzündungen an den Blutgefäßen aus, verändern die Blutgerinnung (ähnlich wie aktuell bei Coronaviren), steigern den Blutdruck und können so Herzinfarkte und Schlaganfälle auslösen. Dadurch stiegen in kurzem zeitlichen Abstand nach schlechten Luftschadstoffwerten nicht nur die Krankenhausaufnahmen wegen akuter Asthmaanfälle an, sondern auch wegen tiefer Venenthrombosen, Herzinfarkte und Schlaganfälle [122].
Langfristig können die sehr kleinen Körnchen neben Entzündungen auch oxidativen Stress in Zellen auslösen und so zur Entwicklung von Krebs (z.B. Lungenkrebs) beitragen. Das Ausmaß dieser Luftschadstoffeffekte ist in den letzten Jahren wiederholt berechnet worden. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft schätzt die angesehene, internationale „Lancet Commission on pollution and health“(2015), dass weltweit 4.5 Mio Menschen zusätzlich durch Luftverschmutzung (Außenluft) zu Tode gekommen sind. Dabei ist die Beweislage für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Feinstaub und Herz-Kreislauf-Erkrankungen / Schlaganfällen noch deutlicher geworden. Nach einem neuen, verbesserten Berechnungsverfahren versterben in Europa durchschnittlich 129 - 133 von 100.000 Einwohnern vorzeitig, in Deutschland sogar 154/100.000, wobei der Verlust an Lebensjahren in Deutschland 2,1 Jahre beträgt [116]. Ein Vergleich zwischen den hohen zusätzlichen Todesfällen in Zentral-Europa mit den deutlich geringeren in Skandinavien macht den Effekt der Luftverschmutzung anschaulich (Vergleich von Abb. 1 mit Abb. 11). Eine andere Berechnungsmethode aus Globalen Krankheitslast-Studien (Global Burden of Diseases) misst die Gesundheitslücken als behinderungsbereinigte Lebensjahre (Disability-Adjusted Life Years, DALY) als Unterschied zwischen altersmäßig voller Gesundheit und luftschadstoffbedingter Krankheit.
Regionale Verteilung der geschätzten jährlichen zusätzlichen Todesfälle durch Herz-Kreislauferkrankungen aufgrund von Luftverschmutzung. Abb.1 aus [116]
image: 0D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3-____Luftschadstoffe-Arnold_Lelieveld-2019-Abb2.png
Hier die WHO-Startseite über Luftverschmutzung (Air Pollution) - Infos leider nur in Englisch (letzter Zugriff 04/18/20)
image: 1D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3-___offe-Arnold_WHO-AirPollution-FahrradImNebel.png
Betrachtet man dieses Bild, das auf den ersten Blick einen nebeligen Herbsttag repräsentieren und vielleicht noch romantische Emotionen wecken könnte, jedoch ruft es auch Erinnerungen an Silvesterfeuerwerke [1] wach. Dann denken wir auch an die Luftverschmutzung asiatischer Metropolen oder an die durch großflächige, klimawandel–bedingten Bränden in Australien kaum durchsichtig gewordene Luft. Diese bisher unvorstellbare Branddimension hat mit ihrer Rauchfahne das mehr als 4000 km entfernte Neuseeland erreicht und dort das Sonnenlicht verändert. Sogar der Brandgeruch war in dieser Entfernung noch wahrnehmbar.
1
Die Nase ist ein gutes Sinnesorgan, um Luftverschmutzung wahrzunehmen, sofern man den Geruch akut bewußt wahrnimmt und das Gas für Menschen riechbar ist; das funktioniert nicht bei geruchlosen Gasen wie dem hochgiftigen, Kohlenmonoxid (CO) und nur kurzfristig, da sich die Geruchswahrnehmung schnell an die Umgebungsluft anpasst.
Das Auge liefert über die Durchsichtigkeit der Luft und vor allem über die mit einem Wischtuch demonstrierte Staubablagerung auf Fenterbank oder Gartentisch ein eindrucksvolles Bild der Luftverschmutzung.
Durch die aktuellen Einschränkungen der Corona-Krise erleben wir gerade eindrucksvoll die Verbesserung der Luftqualität mit einer deutlich geringeren Schadstoffbelastung durch geringeren Straßen- und Luftverkehr. Sehr viele Wissenschaftler und Bürger wünschen sich mit den Jugendlichen von Fridays-For-Future eine anhaltende Verbesserung von Luftqualität und Klima, das durch nicht-löschbare Moorbrände und Auftauen des Permafrostes eine bedrückende Aktualität bekommt. Auch Industrieverbände wie die Stiftung 2°, Deutsche Unternehmer für Klimaschutz, fordern mehr ambitionierten Klimaschutz und einen klaren politischen Rahmen, der ihnen die notwendige Planungs- und Investitionssicherheit bietet. Plusminus hinterfragt am 27.5.2020 daher das unzureichende Konjunkturprogramm der Bundesregierung und sieht die stärksten Interessen der Bürger ebenfalls im ökologischen Bereich. Es ist auch das Ziel unserer Initiative „3 reicht“, zu zeigen, dass ernsthafte Bemühungen der Schadstoffverminderung handfeste Vorteile für unsere Gesundheit und das Klima haben. Anfallende Investitions- oder Umstellungskosten in diesen Bereichen werden mit geringeren Gesundheits- und Temperaturanstiegskosten belohnt. Die Wahrnehmung dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse, die hier zusammengefasst sind, verlangen wir von unseren Politikern und den Ausführungsorganen Straßen NRW bzw. Autobahn GmbH.
Allerdings hat die EU dem Straßenverkehr und den Produktionsprozessen der Industrie Grenzwerte zur „Luftreinhaltung“ eingeräumt, die mehr als doppelt so hoch gewählt sind wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgeschlagen hat, so dass hier dringend über eine Angleichung an die WHO-Grenzwerte politisch erforderlich ist. siehe Abschnitt 3. Wie unterschiedlich sich die Betroffenheit durch Luftschadstoffe mit EU- und WHO-Kriterien darstellen läßt, zeigt eine Darstellung bei Wikipedia Darstellung bei Wikipedia. (siehe Abschnitt 3)
Wegen der mit der Luftverschmutzung verbundenen finanziellen Risiken musste auch der europäische Rechnungshof (ECA) 2018 [121] die Luftreinhaltung der EU bewerten und gelangte zu dem „Schluss, dass die Maßnahmen der EU zum Schutz der menschlichen Gesundheit vor Luftverschmutzung nicht die erwartete Wirkung gezeigt hatten. Die erheblichen menschlichen und wirtschaftlichen Kosten haben sich noch nicht in geeigneten EU-weiten Maßnahmen niedergeschlagen.“ [121] (S.6 = 7/73). Denn die Luftqualitätsnormen sind veraltet; die meisten Mitgliedstaaten erfüllen diese nicht, ergreifen zu wenige wirksame Maßnahmen; die Überwachung und Durchsetzungsmaßnahmen reichen nicht. Die zentrale Botschaft des ECA lautet: „Luftverschmutzung ist das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko in der Europäischen Union“. Daher empfiehlt der Hof, „die Luftqualitätsrichtlinie zu aktualisieren, die Luftqualitätspolitik im Rahmen anderer Politiken der EU zu priorisieren und ...“
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Hervorhebung durch die Autoren
Einen umfassenden Überblick über die vielfältigen Auswirkungen der Luftschadstoffe auf die menschliche Gesundheit gibt Schraufnagel [123, 124] als Sprecher des Umwelt-Kommittees der Internationalen Atemwegs-Gesellschaften. In seiner ersten Abb. (S.418 = 2/10) [124] gibt er einen Überblick über die vielen möglichen betroffenen Organsysteme und Erkrankungen: Gehirn (Schlaganfall, Demenz, Parkinson), Herz (Herzinfarkt, Angina pectoris, Rhythmusstörungen), Lunge (Asthma/COPD, Bronchitis, Lungenkrebs), Leber (Fett-, -krebs), Blut (-gerinnungsprobleme, -krebs), Magen-Darm- (Entzündungen, -krebs), Bauchspeicheldrüse (Typ 1 und 2 Diabetes), Blase-Nieren (-krebs, Prostatavergrößerung), Knochen- und Gelenke (Rheuma, Knochenschwund) u.a. .
Das Umwelt-Kommittee der internationalen Lungenärzte erklärt die weitgefächerten Auswirkungen der Luftschadstoffe auf die menschliche Gesundheit u.a. mit diesen Wirkungsmechanismen [124] (S. 419 = 3/10):
  1. Veränderungen der Blutgefäße und -gerinnung, die zu Gefäßverkalkungen und Gerinnselbildung führen;
  2. Veränderungen der Herzfrequenz, des Blutdruckes und der Erregungsleitung im Herz;
  3. allergische Sensibilisierung, Herabsetzung der Lungenfunktion und Entwicklung eines überempfindlichen Bronchialsystems;
  4. Auslösung von Entzündungen und oxidativem Stress sowie Veränderung an den Genen (Telomer-Verkürzung) als Ursache der Krebsentwicklung und Verkürzung der Lebenserwartung.
Luftschadstoffe aus der Umgebungsluft, wie sie hier betrachtet werden, setzen sich zusammen aus stationären Quellen, meist industrielle Hersteller und den mobilen Quellen des Straßenverkehrs:
image: 2D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3-___chadstoffe-Arnold_Luftschadstoff-Quellen-EU.png Abb.2: Luftschadstoff-Quellen in der EU nach [121]

2 Besonders empfindliche Personengruppen

Personen, die an chronischen Atemwegserkrankungen mit Engstellung der Bronchien (Asthma bronchiale) oder COPD (chronische obstruktive Atemwegserkrankung) leiden, sind durch zusätzliche Schadstoffe in der Luft stärker betroffen als Gesunde.
In besonderer Weise sind Ungeborene, Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder (WHO, 2017 „Don't pollute my future!“[125]) zweifach betroffen: einerseits weil sich alle Organe in der Entwicklung und im Wachstum befinden und einen abweichenden, für das ganze Leben bedeutungsvollen Verlauf nehmen können und andererseits weil sie durch ihre Atembesonderheiten Schadstoffen stärker ausgesetzt sind als Erwachsene. Denn bei der Atmung ist der Stoffdurchsatz eines durchschnittlichen Neugeborenen 2,3 mal so hoch wie der eines Erwachsenen (Abb.4). Die frühe Entwicklungsphase (in der Gebärmutter und in den ersten beiden Lebensjahren) bietet den Luftschadstoffen in der Phase der Organentwicklung eine besondere Angriffsmöglichkeit [2]. Kleinere Kinder haben einen kleineren, sich noch entwickelnden Bronchialbaum mit weniger Lungenbläschen (Neugeborene haben 24 Millionen, 4-Jährige 257 Millionen Lungenbläschen) und einer unreifen Barrierefunktion, so dass etwa 50% mehr Feinstaub in ihren Lungen deponiert wird als bei Erwachsenen. Zudem beeinträchtigt der Feinstaub das Lungenwachstum. Bereits Luftschadstoffe, die die werdende Mutter einatmet (Abb.5), können die Entwicklung des ungeborenen Kindes für die Dauer seines Lebens beeinflussen (Abb.6):
image: 3D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3-___uftschadstoffe-Arnold_Atemvolumen-KG-Erw-NG.jpg Abb. 3: Vergleich der Atemvolumina von Erwachsenen und Neugeborenen
image: 4D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3-___ld_FetaleExposition-Def-nach-Stapleton-2016.png Abb. 4: Weg der Luftschadstoffe zum Kind
image: 5D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3-___ftschadstoffe-Arnold_Luftschadstoffe-F__tus.png Abb.5: Luftschadstoffe wirken auf den Fötus [25]
image: 6D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3-___uftschadstoffe-Arnold_Feinstaub-in-Plazenta.jpg Abb.6: Rußpartikel in Plazenta (weiße Pfeile), Saenen and Nawroth, 2019 [115]
Menschen mit chronischen Erkrankungen werden durch die gleiche Menge an Luftschadstoffen stärker gesundheitlich belastet als gleichaltrige Gesunde.
Ältere Menschen sind durch Vorerkrankungen beeinträchtigt oder geschwächt und sind dadurch oft auf eine Vielzahl von Medikamenten angewiesen. Positiv ausgedrückt profitieren aber von Verbesserungen der Luftqualität am meisten Kinder von unter 5-10 Jahren und ältere Menschen [126, 127]

3 Verbesserungsbedürftiger Schutz durch EU-Grenzwerte im Vergleich zu WHO-Grenzwerten

  1. Der Jahres-Grenzmittelwert für Feinstaub PM 10 der EU liegt mit 40 μg/m³ doppelt so hoch wie der der WHO (20 μg/m³) und darf in der EU an 35 Tagen, bei der WHO an 3 Tagen im Jahr überschritten werden. Angesichts der Feinstaub-Folgeerkrankungen (s.u.) bedeutet das erhebliche gesundheitliche Nachteile, die EU-Bürgern damit zugemutet werden.
  2. Es gibt keine Grenzwerte für die kleinste Feinstaub-Kategorie (Ultra-Feinstaub), die am leichtesten Barrieren durchdringen kann.
  3. Je geringer Feinstaub-PM 2.5 - Werte für die Mutter vor der Geburt/in der Schwangerschaft, desto günstiger die Lebenserwartung für das Kind [3].
  4. Obwohl wir hier die Schadstoff-Belastung der Außenluft betrachten, soll die Mailänder Studie Feinstaub zur Feinstaubbelastung in Innenräumen nicht unerwähnt bleiben. Dabei wurde nachgewiesen, dass eine Belastung mit Zigarettenrauch im Innenraum erheblich höher ist als eine vergleichbare Belastung mit katalysatorreduzierten Autoabgasen: Die Feinstaubbelastung lag im PKW-Experiment bei 36 (PM10), 28 (PM2,5), und 14 (PM1) µg/m³, im Zigaretten-Experiment bei 343 (PM10), 319 (PM2,5), und 168 (PM1)µg/m³.
  5. Sowohl bei Schadstoffwerten unterhalb der EU- als auch der WHO-Grenzwerte ist eine Vielzahl von Erkrankungen bekannt. Für bestimmte Schadstoffe, wie etwa bei denen Veränderungen der Gene (epigenetische Effekte) nachgewiesen worden sind, gibt es keine unteren Grenzwerte, unter denen keine Krankheitseffekte möglich wären. Schließlich kann jede noch so geringe Dosis solcher Stoffe möglicherweise eine Erbgutveränderung hervorrufen. Analog gilt das für krebserzeugende Stoffe wie Feinstaub.
  6. Die WHO sieht die Komplexizität der Luftverschmutzung durch verschiedene Quellen(s.o.) und Mechanismen,bewertet dann insgesamt die Luftverschmutzung und den Feinstaub auf die Gesundheit bezogen als erwiesen krebserzeugend.Darüber hinaus gibt es keine Institution, die für die Anpassung der Grenzwerte an die neusten epidemiologischen oder toxikologischen Erkenntnisse zuständig wäre. Damit stellen die Grenzwerte zwar eine Markierung dar, garantieren aber keinerlei Art Gesundheitsschutz. Insofern ist zu erwarten, dass jede Anhebung der Grenzwerte grundsätzlich mit einer höheren Gesundheitsbelastung für die Bevölkerung und einer Kostensteigerung im Gesundheitswesen für den Staat bzw. die Bürger verbunden ist.
  7. Die wissenschaftlichen Arbeiten beziehen sich - je nach Dominanz des regionalen Einflusses - auf die allgemeine Umgebungsluft („ambient air pollution“), den Straßenverkehr („traffic related air pollution“, z.B. Abstände zu Hauptverkehrsstraßen) oder auf Messwerte einzelner Schadstoffe. Diese unscharfe Abgrenzung kommt ja auch in der Gesamtbewertung der WHO zum Ausdruck (siehe 6.). Die Tabelle über die Zuordnung von Erkrankungen , Schadstoffen und Straßenverkehr kann hier eine gewisse Orientierungshilfe sein.
  8. Evidenz wissenschaftlicher Arbeiten: in einer fruchtbaren wissenschaftlichen Diskussion muss darüber gestritten werden, in wie weit eine neue Studie Erkenntnisse liefert, die bis dahin noch vieldeutig interpretierbar waren, aber damit einen Zusammenhang zwischen allgemeiner oder spezieller Luftverschmutzung und z.B. einer Erkrankung als ursächlich anzusehen ist. Die Beweiskraft einer Veröffentlichung kann u.a. dann als hinreichend angesehen werden („genügende wissenschaftliche Evidenz“), wenn ähnliche Ergebnisse von anderen Arbeitsgruppen erzielt wurden und Plausibiltät über einen Wirkzusammenhang (Kausalität) besteht oder sogar der genaue Wirkungsmechanismus aufgeklärt worden ist.
  9. Die Vielzahl an wissenschaftlichen Arbeiten aus dem Bereich der Luftschadstoffe - wie auch in vielen anderen Bereichen - wächst exponentiell (Lit USA-China): was gestern noch als möglich angesehen wurde, kann heute schon als gesichert gelten. Andererseits wird durch die Fülle der Fakten der Bereich, den WissenschaftlerInnen überblicken immer kleiner und die Kommunikation zwischen verschiedenen Fachgruppen immer wichtiger.
  10. So kommt es auch, dass Ärzte, die Diagnosen aufdecken und Behandlungen einleiten, nicht mehr den Überblick haben, ob und welchem in Maße Luftschadstoffe zu bestimmten Erkrankungen führen. Für die Frage der Vorbeugung gegen diese Erkrankungen, die in der Regel die beste und kostengünstigste Maßnahme ist, gehen so wichtige Erkenntnisse verloren oder unter.
  11. Im Gegensatz zu den USA hat man sich in Europa in gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen theoretisch für die Anwendung des Vorsorgeprinzips entschieden. Wenn ein Unkrautvernichter wie z.B. Glyphosat als krebserzeugend nachgewiesen oder hinreichend belegt ist, darf er nicht in Verkehr gebracht werden. Sowohl für einzelne Luftschadstoffe als auch für die Luftschadstoffe als Gesamtheit ist die wissenschaftliche Bewertung durch die Krebsforscher der WHO eindeutig (s.o. 6.). Im Gegensatz zum Weglassen von „Pflanzenschutzmitteln“ müssen wir aber die Luft einatmen, wo wir uns befinden.
  12. Hier wird der Interessenkonflikt offensichtlich zwischen denen, die möglichst kostengünstig (und ohne großen Filteraufwand!) Produkte oder Energie bereitstellen wollen und denen, die dem menschlichen Leben und der Gesundheit den Vorrang einräumen. Autofahrer, die sich bewusst umweltfreundlich verhalten wollten, wurden vorsätzlich betrogen. Die Kosten für den erhöhten Filteraufwand müssten die Hersteller den Käufern ihrer Produkte, aber nicht der Allgemeinheit (als Gesundheitsschäden) in Rechnung stellen!
  13. In Übereinstimmung mit sehr vielen WissenschaftlerInnen, die die Vielzahl negativer Gesundheitseffekte nachgewiesen haben, fordert die WHO seit langem von der EU, die Grenzwerte für Luftschadstoffe zu senken. Es fehlt auch eine Kommission, die für die regelmäßige Anpassung der Grenzwerte an neue Erkenntnisse aus epidemiologischen oder toxikologischen Studien zuständig ist, um der Gesundheit der Menschen Rechnung zu tragen, die diese Luft einatmen müssen.
  14. Seit vielen Jahren liefert die Wissenschaft Studien, an denen nicht der geringste Zweifel besteht, dass Luftschadstoffe in der vorgeburtlichen und frühen Entwicklungsphase zu lebenslangen Schädigungen führen können. Kein Zweifel, dass wir auch hier auf Kosten unserer Kinder und der Zukunft leben. Lob-Corzilius fordert daher für die Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPAU) u.a. beim Feinstaub Verbesserungen auf politischer und persönlicher Ebene.[153, 154] In Übereinstimmung mit „Fridays for Future“ und den wissenschaftlichen Fakten müssen endlich die politischen Regulationen zum Schutz unserer Gesundheit und der unserer Kinder regelmäßig angepasst und erheblich verschärft werden.
image: 7D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3-___offe-Arnold_WHO-AP-Hochh__user__berDemDunst.png WHO
(Mehr als 90% aller Kinder weltweit atmet täglich giftige Luft ein)

4 Erkrankungen durch Luftschadstoffe der Umgebungsluft („ambient [outdoor] air pollution“)

Folgende Erkrankungen können durch Luftschadstoffe u.a. aus dem Straßenverkehr hervorgerufen oder begünstigt werden :
  1. angeborene Fehlbildungen:
    a) Herzfehler [
    4, 5, 6], oft operationsbedürftig [128]
    b) Nervensystem: Wasserkopf [4], offener Rücken [7]
    c) Bauchwanddefekte [7]
    d) Extremitäten-Fehlbildungen [8]
    e) Lippen-Kiefer-Gaumenspalten [9],[10],[11]
  2. Entwicklungsstörungen:
    a) Frühgeburt [12]
    b) Wachstumsverzögerung in der Gebärmutter: niedrigeres Geburtsgewicht[13]/kleinerer Kopfumfang [100]
    c) Schwangerschaftskomplikationen(Gebärmutterentzündung, Präeklampsie, Vorzeitiger Blasensprung) [101],[93]
    d) Totgeburt [14],[15]
    e) Säuglingssterblichkeit; plötzlicher Kindstod [16],[17],[99],[129]
    f) Aufmerksamkeitsstörungen [18],[19]
    g) Autismus [20] und Autismus-Spektrum-Störungen [21],[99]
    h) Beeinträchtigung der geistige Entwicklung [22],[23],[24],[100],[101],[93]
  3. Atemwegserkrankungen:
    a) Krupphusten [26],[27]
    b) Bronchitis, ev. mit Engstellung der Bronchien [28],[29],[30]
    c) Bronchialasthma [31],[32],[33]
    d) Lungenentzündung [29],[100]
  4. Allergische Erkrankungen:
    a) Heuschnupfen, Asthma, Ekzem [33],[34],[35],[99]
    b) Nahrungsmittelallergie [34]
  5. Erkrankungen des Immunsystems:
    a) rheumatoide Arthritis [183],[184],[185],[186],[187]
    b) systemischer Lupus erythematodes [188],[189]
    c) Diabetes mellitus Typ 1 ? [190],[191],[192],[193],[194]
  6. Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
    a) Herzkranzgefäßverengung (Coronare Herzkrankheit) [36],[37],[38],[116]
    b) Bluthochdruck[39]
    c) Schlaganfall[40]
  7. Stoffwechsel-Krankheiten:
    a) Übergewicht[41],[42],[43],[93]
    b) Diabetes Typ 2 [44],[33],[34],[212]
  8. Nierenerkrankungen:
    a) Nierenschwäche / Nierenversagen [205],[206],[207],[208],[209],[210]
    b) Nierenversagen, lebensbedrohliche Komplikation durch Feinstaub + Hitze [211]
  9. Magen-Darm-Erkrankungen:
    a) Wirkungsmechanismus (u.a.Veränderung des Mikrobioms) [195], [196]
    b) Magen-Darm-Geschwüre [197],[198],[199]
    c) Darmentzündungen (M.Crohn, Colitis ulcerosa) [200],[201],[202],[203],[204]
  10. Nerven- und Gemüts-Krankheiten:
    a) Parkinson [45],[46],[47],[48],[49]
    b) Demenz-Erkrankungen [48],[50],[52],[94],[95],[97],[155]
    c) Ängste / Depressionen / Selbstmord [130],[131],[132],[51],[96],[156],[157],[158]
    d) Multiple Sklerose (MS)? [94],[133],[134],[135]
    e) amyotrophe Lateralsklerose (ALS) [136],[137]
    f) Krampfanfälle, Epilepsie
  11. Fruchtbarkeitsstörungen:
    a) männliche[53],[98]
    b) weibliche[54], [98]
  12. Krebserkrankungen:
    a) Wirkungsmechanismen [O'Driscoll 2018],[138],[56],[139],[140],[179]
    b) Krebserkrankungen weltweit (Global burden of diseases=GBD) [141],[123]
    c) Präventionsmöglichkeiten
    - weniger Schadstoffe [3],[220],[126], siehe auch Abschnitt 8.3.2
    - mehr grüne Umgebung [142],[143],[144]
    d) Nasen-Rachenkrebs[55],[145]
    e) Kopf-Hals-Tumore[56]
    f) Lungenkrebs[57],[58],[59],[60],[61]
    g) Magenkrebs[62],[63],[146]
    h) Blutkrebs (Kinder-Leukämie)[64],[65],[66],[101],[147],[148],[177]
    i) Hirn-Tumore (u.a. Astrocytom, Ependymom, Medulloblastom) [73],[149],[147],[174],[175],[176],[177],[178],[179]
    j) Brustkrebs[67],[68],[69],[70],[150]
    k) Prostatakrebs[71],[142],[151]
    l) Eierstockskrebs[72],[152],[162],[163]
    m) Gebärmutterhalskrebs[73],[164]
    n) Nierenkrebs[72],[75],[165],[166],[167]
    o) Blasenkrebs[72],[74],[75],[168],[169]
    p) Darmkrebs[75], [76], [170]
    q) Leberkrebs[78],[79],[80],[171],[172],[173]
    r) Bauchspeicheldrüsenkrebs[81],[180],[181],[182]
Wir gestehen ein, dass wir nach der Sichtung der Literatur selbst überrascht sind über die Vielzahl von möglichen Erkrankungen, die durch Luftschadstoffe hervorgerufen oder in unterschiedlichem Grad begünstigt werden können. Die wissenschaftlichen Daten wachsen sehr rasch an und oft hat sich mancher Anfangsverdacht in der Zwischenzeit erhärtet. Die Fülle der Folgekrankheiten wird verständlicher, wenn man sich den Weg der Schadstoffe und die hohen Atemvolumina nur eines Tages vor Augen hält (->Abschnitt 2). Diese Chemikalien können durch Entzündung und oxidativen Stress Zellen schädigen, z.T. das Erbgut schädigen (epigenetische Veränderungen) und so Krebserkrankungen begünstigen. Dabei sind nicht nur die Lunge als primäres Aufnahmeorgan, sondern auch Niere und Leber als Entgiftungsorgane betroffen.
So wird die große Anzahl von Krebserkrankungen nachvollziehbarer. Dabei sind manche krebserzeugende und erbgutschädigende Luftbestandteile schon lange bekannt, wie z.B. Benzpyrene. Diese können über die schwangere Frau auf das Ungeborene übergehen und dort zu höheren Konzentrationen von erbgutgefährdenden DNA-Addukten[82] als im mütterlichen Blut führen. Beziehungen zu Krebsarten wie Lungenkrebs im Erwachsenenalter sind erwiesen[83],[84].
Während in Entwicklungsländern Atemwegskrebsarten durch Innenraumluftverschmutzung durch die Anwendung von Festbrennstoffen herrühren, stehen bei uns die Luftverschmutzung durch Straßenverkehr und Industrie im Vordergrund[85].
Die hier aufgeführten Beispiele von Erkrankungen durch Luftschadstoffe geben die wissenschaftliche Literatur wider, die überwiegend in Englisch veröffentlicht ist. Die Auswahl der Fachartikel soll die Vielfalt der Erkrankungen aufzeigen, aber auch als faktenbasierte Diskussionsgrundlage dienen und könnte an vielen Stellen durch eine weit größere Anzahl ergänzt werden. Zur wissenschaftlichen Diskussion gehört auch, dass manchmal sich in Teilbereichen widersprechende Ergebnisse gegenüberstehen. Dennoch besteht innerhalb der medizinisch-toxikologischen Wissenschaft die unbestrittene Grundauffassung, dass Luftschadstoffe die bedeutungsvollste Ursache unserer Erkrankungen sind, die mit unserer Umwelt in Zusammenhang stehen. Diese Beobachtung beinhaltet aber gleichzeitig die Möglichkeit, durch Verminderung dieser Schadstoffe Erkrankungen vorzubeugen, Erkrankungshäufigkeiten zu senken und die Kosten im Gesundheitswesen zu vermindern. Schadstoff-Reduktion setzt damit Kosten frei und ist eine kostengünstige Investition in die Zukunft. Diese Ziele verfolgt auch die Bürgerinitiative „3 reicht“.
Die hier eingefügte Tabelle ordnet einzeln Luftschadstoffe aus dem Straßenverkehr den hier angegebenen Literaturstellen zu und macht so einerseits sichtbar, welche Schadstoffe bei welchen Erkrankungen nachgewiesen sind oder diskutiert werden; andererseits wird deutlich, dass eine Menge mehr an Informationen über einzelne Stoffe besteht, als in mancher öffentlicher Diskussion der Vergangenheit der Eindruck entstand.
Studien (siehe Literaturstellen-Liste), die die Wirkung bestimmter Schadstoffe angeben:
Erkrankung
Feinstaub
NOx [NO2 vorrangig aus Str.Verkehr]
SO2
CO
Ozon O3
PAH
Ruß
Straßenverkehr (TRAP)
Luftverschmutzung
angeborene Fehlbildungen (Herz,Bauch,Nervensystem)
[4][5][6][8][9][10][11]
[4][5][6][7][8][9][10]
[4][5][6][8][9][10]
[6][7][8][9][10]
[6][7][8][9][10][11]
[4][5][6][7][8][9][10][11]
Frühgeburt, niedrigeres Geburtsgewicht, ...
[12][13]
[12][13]
[12]
[12][13]
[12][13]
[12]
[12]
[13]
Säuglingssterblichkeit, Schwangersch.komplik.
[14][15][16][17][93][99]
[14][15]
[14][15][99]
[14][15][99]
[14]
[14][15][16][17][93][99]
Aufmerksamkeitsstörungen (ADHS)
[89][94]
[94]
[18][130]
[89][94]
Autismus, Autismus-Spektrum-Störung
[20]
[21]
[20]
[21]
geistige Entwicklung
[105]
[24]
[23]
[22]
[22][23][24][105]
Atemwegserkrankungen
[28][29]
[29][31]
[27]
[28]
[30][31][100]
[26][28][29][30]
Allergien
[33][34]
[31][33][35]
[34]
[31][32][34]
[31][33][35]
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
[36][37][38][39]
[36][37][39][40]
[36][39]
[36][39]
[36][38][39]
[37]
[37][40]
[36][38][39]
Stoffwechsel-Krankheiten
[43][44][45]
[42][43][44][45]
[45]
[45]
[43][45]
[41]
[42][43][44]
[41][43][45]
Nerven- und Gemüts-Erkrankungen
[46][48][49][50][51][52]
[46][47][49][51]
[49][51]
[49]
[49][52]
[47]
[46][48][49][50][51][52]
Unfruchtbarkeit
[53][54]
[53][54]
[53][54]
[54]
[53][54]
[53]
[53]
Krebs-Erkrankungen
[55][57][58][61][63][67][69][70]
[55][58][59][60][61][63][65][68][69][70][71]
[55][58]
[72]
[67]
[56][66]
[56][58][59][60][64][65][71][101]
[55][57][61][63][65][67][68][69][70]

5 Stellenwert der Luftverschmutzung bei der Auslösung der Erkrankungen

Die Größenordnung, mit der die Luftverschmutzung allgemein oder bestimmte Schadstoffe an der Auslösung von den o.g. Erkrankungen beteiligt sind, erfordert genaues Hinschauen und umfangreiche, langdauernde Untersuchungen. Einerseits gibt es bei epidemiologischen Studien Aussagen in Form von Zahlenwerten, die das relative Risiko für eine bestimmte Erkrankung bei einer Zunahme oder bestimmten Schadstoffhöhe angeben. Andererseits gibt es bei einem Teil der Krankheiten Aussagen darüber, in welchem Ausmaß die Luftschadstoffe im Vergleich zu anderen bekannten Ursachen (Erbanlage, Lebensstil, [Arbeitsplatz, Aufenthaltsort]) zu der betreffenden Krankheit beitragen. Nach Landrigan (Lancet Commission on Health and Environment, 2017 [118]) sind nicht ansteckende Erkrankungen zu mehr als 70% auf Umweltverschmutzung zurückzuführen, wobei der Luftverschmutzung die größte Bedeutung zukommt.
image: 8D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3-___stoffe-Arnold_ToteDurchPM2_5-GBD-vorl__ufig.png Abb.7: Tote durch Feinstaub PM2.5 nach Landrigan, 2018 [118]

6 Abschließende Bewertung

Eine wissenschaftlich-kritische Auseinandersetzung haben wir in den Anhang gestellt, weil wir dem Leser zunächst einen Überblick über die wesentlichen Fakten geben möchten. Der notwendige wissenschaftliche Streit über einzelne Fragen ist berechtigt und erhellend, darf aber nicht über die dringende Notwendigkeit politischer Konsequenzen mit Regulierungen zum Schutz der Bürger hinwegtäuschen!
Wenn wir uns an unsere Kindheit in der Nachkriegszeit erinnern, fällt uns eine vielleicht in kindlich-naiver Betrachtung der Natur ein: Flüsse (Beispiel Rhein), in denen die Menschen schwimmen oder sich vergnügen konnten, Wälder mit vielen Tieren, besonders Vögeln und Insekten. Wir wissen auch um den wirtschaftlichen Aufschwung in den 1950er Jahren mit vielen Toten durch ungebremste Kohlebrennung in London 1952 (Lit). Wir haben miterlebt, wie „unser“ Rhein langsam zur Industriekloake für Hersteller der chemischen Industrie wurde. Von Aalfischern am Rhein können höchstens Großväter ihren Enkeln erzählen, an Fischsterben im Rhein erinnern sich noch mehr Menschen. Wie glücklich berichten Menschen von ihrem Erlebnis, jetzt wieder im Oberrhein schwimmen zu können (Lit Stern).
Zu Zeiten der Corona-Krise sehen wir wieder, dass mit dem deutlich reduzierten Verkehrsaufkommen die Luft klarer ist und die Luftqualitätswerte (App UBA) hier,auf der Corneliusstr. in Düsseldorf und in vielen anderen Ländern (Satelitenbilder) deutlich besser sind. Es gibt das Grundrecht der Menschen auf eine gesunde Entwicklung; es gibt aber kein Recht eines Einzelnen oder von Produzenten, den Luftraum aller Menschen gesundheitsschädigend zu verschmutzen. Der Staat ist verpflichtet, den Straßenverkehr so zu gestalten und die luftverschmutzenden Einleiter (Emmittenten) so zu begrenzen, dass die Gesundheit der Menschen und eine normale Entwicklung der Kinder und Erwachsenen gemäß den Grund- und Menschenrechten gewährleistet ist. In diesem Sinn ist es in unseren Augen völlig inakzeptabel, wie der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer vorsätzliche Betrugsaktionen der Autoindustrie wie ein Kavaliersdelikt behandelt, obwohl ihm die negativen Gesundheitsfolgen (siehe Abschnitt 4) für die Bürger bekannt sein müssten und er damit massiv gegen seinen Amtseid verstößt. Wir brauchen erheblich größere politische Anstrengungen und Regulationen, um die Grundrechten der Menschen näherungsweise sicher zu stellen!

7 Betrachtung des globalen Zusammenhanges

Seit mehr als 25 Jahren warnt eine große Gruppe internationaler Wissenschaftler (UCS = Union of Concerned Scientists) aus 184 Ländern, zuletzt (2017) mehr als 15.000 Forscher, dass wir unseren Umgang mit unseren Ressourcen, unserer Erde ändern müssen: die zunehmende Abholzung der Wälder, Steigerung der Tierhaltung, Überfischung der Meere hat zu einem massiven Artenrückgang (6. großes Artensterben unserer Erdgeschichte->Tanja Busse [223]) geführt und bedroht unsere Existenzgrundlagen.(UCS->siehe dort Figure 1)
Deutlich zeigt die Abbildung, dass trotz aller übereinstimmenden Warnungen von Klimaforschern, Biologen und zunehmend auch Ärzten (KLUG: Gabrysch, 2020) unsere bisherigen Reaktionen in keinster Weise zu einer Trendumkehr geführt haben. Die aktuell größten Probleme sehen die Wissenschaftler im weiteren Anstieg der Treibhausgase, wesentlich mitbedingt durch die fortgesetzte Kohleverbrennung, der Entwaldung und der Fleischproduktion und geben Hinweise auf Veränderungsmöglichkeiten.
Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES
3
Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services
) kommt hier mit seinen ersten Kernaussagen zu Wort:
  1. „Die biologische Vielfalt und die Leistungen von Ökosystemen wie Nahrung, sauberes Wasser und Medizin sind für das Überleben der Menschheit essenziell.“
  2. „Dennoch verschlechtert sich ihr Zustand dramatisch: Das Artensterben ist heute mindestens dutzende bis hunderte Male größer als im Durchschnitt der letzten zehn Millionen Jahre.“
  3. „75 Prozent der Landoberfläche und 66 Prozent der Meeresfläche sind stark verändert. Über 85 Prozent der Feuchtgebiete sind verloren gegangen.
  4. Die negative Entwicklung ist auf zahlreiche direkte Treiber wie beispielsweise Landnutzungsänderungen, Umweltverschmutzung und Klimawandel zurückzuführen...“.
Die meisten Regierungen dieser Welt anerkennen diese Fakten und die daraus zu ziehenden Konsequenzen, incl. der deutschen Ministerien für Umwelt, für Landwirtschaft und für Forschung. Das Verkehrsministerium und Straßen NRW bzw. die Autobahn GmbH können da nicht weggucken, sondern müssen neu und angepasst planen! Biodiversität: IPBES-Faltblatt 2018, IPBES-Factsheet 2019, Flächen sparen.
Dramatische Veränderungen unserer Waldgebiete mussten wir hier vor Ort in den letzten Monaten sehen mit großen Flächen abgestorbener und inzwischen abgeholzter (Nadel)bäume . Eine Wieder-Aufforstung hat zwar begonnen, es wird aber noch lange Zeit beanspruchen, bis ein ökologisch funktionierender Wald daraus entsteht. In einer solchen Situation ist die weitere Versiegelung des Bodens kontraproduktiv und entspricht nicht den Bedürfnissen einer Zeit von Artensterben und Klimawandel.
Bezüge zur aktuellen Coronavirus-Pandemie sind durchaus denkbar, wenn man sich vor Augen führt, dass laut CDC
4
Centers for Disease Control and Prevention https://www.cdc.gov/
[114] drei von vier der neu entstehenden oder sich gerade entwickelnden Infektionskrankheiten auf der Erde in ihren Ursprung in Tieren haben. Die Gefahr, dass Viren auf den Menschen überspringen, nimmt mit der Umweltzerstörung zu und ist um so größer, je mehr Tiere gestresst, ihr Lebensraum durch Abholzung der Wälder eingeengt und der Kontakt zu Menschen intensiviert wird (KLUG
5
Deutsche Allianz Klima und Gesundheit
). Der aktuelle Mangel an persönlicher Schutzausrüstung im medizinisch-pflegerischen Bereich (Schutzkleidung, Atemmasken usw.) zeigt erneut, welch eine Energie- und Ressourcenverschwendung wir uns leisten, indem wir Einmal-Produkte verwenden und so die Klima- und Pandemie-Probleme zusätzlich steigern. Wir werden in Zukunft mehr Anstrengungen unternehmen müssen, um derartigen Teufelskreisen zu entgehen.
Die Gruppe von Klima-Wissenschaftlern und Ärzten (Deutsche Allianz Klima und Gesundheit, KLUG) warnt ebenfalls seit Jahren, dass mit zunehmenden Temperatursteigerungen, Hitzewellen und Dürren, auch die Gesundheit des Menschen immer brüchiger wird. Selbst in europäischen Ländern haben Hitzewellen schon zur einer deutlich erhöhten Sterberate besonders bei alten und vorerkrankten Menschen geführt.
Immer größere Gruppen unserer Gesellschaft erkennen, dass jeder einzelne und die Politik einen entschiedeneren Beitrag gegen Erderwärmung und Klimawandel leisten müssen. Dazu gehört die Herabsetzung unseres Energieverbrauches, unserer Schadstoffproduktion und unseres ökologischen Fußabdruckes, also auch im Verkehrssektor, beim Straßenbau (z.B. A3-Ausbau). Damit stehen wir auch voll hinter den auf wissenschaftlichen Fakten beruhenden Forderungen von Fridays-for-future. Die Politik kann ihre inzwischen überholten Straßenbaukonzepte nicht so wie gewohnt fortsetzen, sondern muss den Erfordernissen des Planeten und den Bedürfnissen der Menschen in einer vom Klimawandel geprägten Welt Rechnung tragen.

8 Verbesserungsmöglichkeiten

8.1 Kosten von Luftschadstoffen und ökonomische Konsequenzen (konsequente Anwendung des Verursacher-Prinzipes in der EU)

Wer vom Staat die Genehmigung erhält, eines unserer lebenswichtigsten Umwelträume für seinen Abfall zu benutzen, wird wohl danach gefragt werden müssen, welche Umwelt- und Gesundheitsschäden er damit verursacht. In einem Gemeinwesen ist es daher nicht mehr als recht und billig, dass Produzenten, die bei der Herstellung von Produkten für diese negativen Folgen unmittelbar bezahlen müssen. Nach dem Verursacherprinzip kann es heutzutage mit dem aktuellen Wissen nicht dabei bleiben, Grenzwerte zu erstellen, sondern die negativen Folgekosten müssen dem Verursacher abverlangt werden und dürfen nicht etwa der Gesellschaft mit dem Hinweis auf die Errungenschaften unseres modernen Lebens aufgebürdet werden.
Grundvoraussetzung müsste eigentlich sein, dass die Gesellschaft gefragt wird, ob sie bereit ist, trotz der allgemeinen hohen Schadstoff- und Gesundheitsbelastung in rasanter Geschwindigkeit immer neue Stoffe zu akzeptieren. Immerhin wuchs laut Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung die Zahl neu registrierter Chemikalien von 20 Millionen im Jahr 2002 auf 156 Millionen im Jahr 2019[92]. Eine angemessene Giftigkeitsuntersuchung so vieler Stoffe kann so schnell nicht erfolgen.
6
Zwar hat die 2006 in der EU eingeführte REACH-Verordnung eine Verbesserung gebracht. Zwischen 2002 u. 2019 wurden weltweit ca. 136 Millionen neuer Chemikalien registiert. Demgegenüber wurden seit 2006 über REACH 21.121 Stoffe zwischen 2006 u. 2018 registriert, bei denen dann schwerwiegende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt in 191 Fällen gefunden wurden, die bei 43 Substanzen zur Aufnahme in eine zulassungspflichtige Liste und bei 68 zu Beschränkungen geführt hatten. Eine Zulassung von Chemikalien, die erst im Nachgang ab bestimmten Produktionsmengen Untersuchungen vorschreiben und deren Zahlen von registrierten und untersuchten Chemikalien so weit auseinanderklafft, gleicht einem umwelt- und gesundheitspolitischen Blindflug!
Angesichts der Klima- und Gesundheitsschädlichkeit erscheinen auch die neuen Preise für Benzin und Diesel deutlich zu niedrig.
Auch hier wird sichtbar, dass das menschliche Leben Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen bekommen muss.
Es gibt eine Reihe von Untersuchungen, die die Folgekosten für die gesundheitsschädigenden Effekte der Luftschadstoffe berechnen und Schätzungen, wie viele Vorteile finanzielle Investitionen in verbesserte Umweltbedingungen erreichen könnten.[213, 118]
Ein Beispiel für die Abschätzung der durch die Einwirkung von Feinstaub PM 2.5 über 1 Jahr (2010) in den USA entstandenen Kosten hat der New Yorker Kinderarzt Trasande [214] vorgelegt: 3,3% der Frühgeburten wurden durch PM2.5 ausgelöst und führten zu $ 760 Mio medizinischer Versorgungskosten + $ 4,3 Mrd Folgekosten für verlorengegangene ökonomische Produktivität durch die Intelligenzeinbußen.
Da die Krankheitsfolgekosten der Umweltverschmutzung oft unterschätzt werden, hat die Lancet Commission on Pollution and Health unter Prof. Landrigan, 2017 [118], mit einem internationalen Team von 47 Wissenschaftlern eine Reihe von bedeutungsvollen Fakten aufgeführt:
  1. Umweltverschmutzung verursacht ca 70% aller nicht-ansteckenden Krankheiten und ca. 16% der weltweiten Todesfälle.
  2. Die Umweltverschmutzung bedroht unsere Gesundheit, senkt unser Bruttoinlandsprodukt um ca. 1.7%, zerstört Ökosysteme und verändert unser Klima.
  3. Die Verbrennung fossiler Rohstoffe, insbesondere Kohle, ist verantwortlich a) für 85% des Feinstaubes b) nahezu 100% von SO2 c) nahezu 100% von NOx d) die meisten klimaschädlichen Gase: wie CO2 u.a.
  4. Die Vermeidung von Umweltverschmutzung ist hochgradig kosteneffektiv: für jeden in die Kontrolle der Luftverschmutzung investierten $ entsteht ein ökonomischer Vorteil von 30 $ (USA,seit 1970). Beispiel: die Entfernung von Blei aus dem Benzin bringen den USA einen ökonomischer Vorteil von 200 Mrd $/Jahr seit 1980.
Ermutigend sind die epidemiologischen Arbeiten, wenn man die Blickrichtung ändert und Vorteile der Verminderung der Luftschadstoffe betrachtet:
Eine auf das Jahr 2008 bezogene simulierte 10%-ige Feinstaub (PM2.5)-Absenkung würde den USA allein durch weniger Frühgeburtlichkeit eine Gesamt-Kostenersparnis 2.014 Millionen $ bringen ([93], Tab.3,S.22). Obwohl wir in der Realität vielen verschiedenen Schadstoffen ausgesetzt sind, werden wegen der Komplexität nur sehr selten Kombinationseffekte von Luftschadstoffen untersucht: in Finnland ergab eine gleichzeitige Belastung mit Feinstaub u. Ozon eine höhere Rate an Frühgeborenen als die jeweiligen Einzelkomponenten (Synergie-Effekt) [14]. Im Analogschluss wird man vermuten dürfen, dass eine Verbesserung der PM2.5 und O3-Werte einen höheren positiven Effekt auf die Häufigkeit von Frühgeborenen hat als die gleiche Absenkung der Einzelwerte.
Auch Langzeitstudien aus China [215] zeigen, dass die mit Sprach- und Mathe-Tests gemessene intellektuelle Leistungsfähigkeit mit zunehmender Dauer in stärker belasteter Luft eindeutig abnimmt.
Diese wenigen Beispiele stehen stellvertretend für die Fülle der möglichen Erkrankungen durch Luftschadstoffe (siehe 4). Daher sind politische Maßnahmen an dieser Stelle nicht nur möglich, sondern auch ökonomisch vorteilhaft und zwingend notwendig. Zu Coronazeiten ist der positive Effekt auf das menschliche Immunsystem durch eine Verminderung der Luftschadstoffe sowie die Reduzierung der Krankheitskosten besonders wichtig.
Das Verursacher-Prinzip muß konsequent umgesetzt werden in allen Umweltbereichen. Wer einen Stoff in die Umwelt (Luft, Wasser, Boden) entlässt, muss mindestens so hohe Kosten dafür bezahlen, dass es die Krankheits- und Umweltschadensfolgekosten auffängt. Die Entwicklung von Filtersystemen könnte gleichzeitig gefördert und die Nicht-Benutzung von Filtern bepreist oder bestraft werden. Stoffe, die nicht abbaubar sind, wie POPs
7
Persistent organic pollutants
oder atomarer Abfall dürften in unserer schadstoffüberlasteten Welt nicht mehr entstehen oder zugelassen werden. Ohnehin ist die Schadstoff-Belastung aller Menschen und insbesondere der ungeborenen Kinder so hoch, dass eine ungestörte Entwicklung – wie die Grundrechte uns das zugestehen – weder durch unsere aktuellen Gesetze noch durch Aufsichtsbehörden ermöglicht werden kann. Daher sollten zukünftige Produkte dem Ziel einer menschen- und umweltgerechten Herstellungsweise untergeordnet werden.
Derartige Überlegungen sind dringend und zeitnah auch vom Umwelt- und Verkehrsministerium in eine allgemeine gesellschaftliche Diskussion einzubringen, um dann notwendige Konsequenzen im Sinne der Gesundheit der Menschen zu ziehen. Auf eine Verkehrs- oder Mobilitätswende (s. 8.3.2) bezogen müssten die umweltfreundlichsten Fortbewegungsmittel (Fahrrad, ÖPNV, Eisenbahn) eine Prioritätenliste anführen und für die Bürger kostenlos sein oder mit den geringsten Kosten belegt werden.

8.2 Die konsequente Anwendung des Vorsorgeprinzips in der EU

Im Gegensatz zu den USA bekennt sich die EU klar zum Vorsorgeprinzip. Da häufig Stoffeigenschaften erst nach längerer Anwendung und Verteilung in der Umwelt bekannt werden und grundsätzlich toxikologische Untersuchungen meilenweit hinter der Neusynthese von Stoffen zurückliegen (s. 8.1), sind Stoffe mit bestimmten Eigenschaften nicht erlaubt: Erbgutschädigung (Mutagenität), Krebserzeugung (Cancerogenität), Hormonaktivität oder Nichtabbaubarkeit (Persistenz).
Demzufolge hätte der Unkrautvernichter Glyphosat in der EU wegen nachgewiesener Erbgutschädigung und des Verdachtes auf Krebsauslösung aufgrund des Vorsorgeprinzips bei korrekter Anwendung der geltenden Pestizidverordnung verboten werden müssen. [216, 217]

8.3 Politische Verbesserungsmöglichkeiten in Deutschland

8.3.1 Herabsetzung der Grenzwerte (Umwandlung in gesundheitsorientierte Zielsetzung)

Die deutsche Auto-Industrie läßt keine Gelegenheit aus, zu versuchen die Luftschadstoffgrenzwerte zu erhöhen (Fake News neulich mit orthopädischer Hilfe, jetzt in der Corona-Pandemie: SZ,Balser,3.4.2020), s.o. Demgegenüber offenbart die Tabelle der Erkrankungen durch Luftschadstoffe (→4) die Vielzahl der Gesundheitsschädigungen durch die Luft, die wir besonders in Städten einatmen müssen. Das widerspricht eindeutig dem Grundrecht auf unbeeinträchtigte körperliche Entwicklung und kann nicht einfach so hingenommen werden. Daher müssen die gesundheitlichen Aspekte bei der Grenzwertfestlegung in Deutschland und der EU mehr Berücksichtigung finden und mindestens auf WHO-Niveau gesenkt werden. Auch aus diesen Gründen ist eine drastische Änderung unserer Verkehrspolitik notwendig.

8.3.2 Verkehrswende

1. Tempolimit: 100 km/h - 120 km/h auf Autobahnen
Da der Luftwiderstand eines Fahrzeuges mit Geschwindigkeit im Quadrat ansteigt und damit der Treibstoff-/Energieverbrauch, wurde weltweit eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingeführt. Die Abnahme von Unfällen insgesamt und Unfällen mit Todesfolge ist in vielen Ländern beobachtet worden. Ab Tempo 130 nimmt der Autoreifenverschleiß und damit der Feinstaub massiv zu, weil der Reifengummi dann zunehmend unelastischer wird (Abb.8).
image: 9D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3-___offe-Arnold_AutoreifenLebensdauer-Geschwind.png Abb. 8: Lebensdauer des Reifen in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit, zitiert nach [117]
PKW-Emissionen nehmen bei Tempo 100 im Vergleich zu Tempo 130 bei Stickoxiden (NOx) um 19%, bei Feinstaub um 11% und bei Treibstoff und CO2 um ca. 10% ab [218]. Laut Umweltbundesamt (UBA) ergäbe ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen u.a. jährliche Treibhausgasminderungen in Höhe von 5,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten. Dass diese sofort und praktisch kostenlos durchführbare Maßnahme, die auch eine wesentliche Verbesserung für die Gesundheit der Bevölkerung bedeuten würde, in Deutschland unterbleibt, ist nicht zeitgemäß und längst überfällig!
2. Tempolimit: 30 km/h in Städten
Eine Vielzahl von Großstädten weltweit hat sich zu dem Klimaschutznetzwerk C40 Cities [https://www.c40.org/] zusammengeschlossen, um u.a. Tempo-30-Zonen einzurichten, räumlich oder zeitlich zu vergrößern: Amsterdam (90% Tempo 30), Edinburgh (Tempo 30 auf 80% der Straßen), Graz (komplett), Helsinki (>66%), London (viele Teile), Lyon (komplett), Rom (Innenstadt), Stockholm (Tempo 30 für alle Wohnstraßen), Warrington (komplett), Wien (Stadtteil Neubau), York (komplett), Zürich (>50%). Göteborg wurde von einer Stadt mit höchsten Unfallzahlen zu einer der sichersten Städte Schwedens u.a. durch Tempo 30. Der Bürgermeister der französischen Kleinstadt Begles (komplett - Tempo 30) begründet seine Maßnahme: die Zeit, um einen Kilometer mit 30 km/h zurückzulegen, verlängert die Fahrzeit nur um 10 bis 15 Sekunden, jedoch sinkt dadurch der Treibstoffverbrauch um bis zu 65% [219]
3. Autofreies Wochenende: auch kurzfristige Verbesserungen der Luftqualität haben positive Effekte
So wie akute und chronische hohe Luftschadstoffwerte kurz- und langfristige gesundheitliche Nachteile bewirken können, vermögen auch akute Erniedrigungen der Schadstoffe innerhalb von kurzer Zeit eine Verbesserung der Gesundheit hervorzubringen. Zu den eindrucksvollen Beispielen gehören die Verbesserungen der Luftqualität bei den olympischen Spielen 2008 in Peking durch strikte Regulierungen des Straßenverkehrs und der chemischen Produktion: das Geburtsgewicht der Kinder, deren Mütter sich im letzten Drittel der Schwangerschaft befanden, stieg durch weniger NO2 um durchschnittlich 115 g [220] und die monatliche Säuglingssterblichkeit sank für je 10% Feinstaubreduktion (PM10) um 8% [126]. Umfangreiche und sorgfältige epidemiologische Untersuchungen in 26 US-Städten zeigten, dass die akuten Notfallaufnahmen in Krankenhäusern wegen Herzkreislauf-Erkrankungen (incl. Herzinfarkte) und Atemwegserkrankungen mit der Zunahme des Feinstaubes (PM2.5) anstiegen [221]. Im Umkehrschluss wird man erwarten dürfen, dass eine Verbesserung der Luftqualität auch zu einer geringeren Häufigkeit von Herzinfarkten und Schlaganfällen führt. Insofern erscheint es nicht abwegig, die in der Corona-Krise eindeutig verbesserte Luftqualität mit einer geringeren Rate an Herzinfarkten in Zusammenhang zu sehen. Die alternative Erklärung, dass Patienten aus Angst vor Ansteckung nicht ins Krankenhaus gingen, ist ebenfalls möglich, erscheint bei einem Schlaganfall und einem normal-symptomatischen Herzinfarkt (typischerweise „Vernichtungsschmerz“ bei Männern) deutlich weniger plausibel. In diesem Sinn ist ein autofreier Sonntag oder ähnliches für die Gesundheit der Bevölkerung durchaus bedeutungsvoll (und sollte für die Zweifler ein Anlass für eine wissenschaftliche Untersuchung des „natürlichen Experimentes“ unserer aktuellen Situation sein). In der Tat haben wir aber genügend Wissen über die Nachteile von Luftschadstoffen und die Vorteile guter Luftqualität, dass es vorrangig ist, endlich politische Konsequenzen aus den vielen bekannten Fakten zu ziehen!
4. Eisenbahn
Transportiert man im Güterverkehr 1 Tonne 1 km entstehen beim Transport mit der Eisenbahn (31 g/Tonnen-km) weniger als 1/3 des schwer abbaubaren Treibhausgases CO2 im Vergleich zum LKW-Transport (104 g/Tonnen-km) [222]. Daher muss die Politik den Transport auf der Schiene z.B. durch eine entsprechende CO2-Bepreisung von der Straße auf die Schiene umleiten. Dadurch würden deutsche Autobahnen wie die A3 erheblich entlastet und der geplante Ausbau überflüssig. Soeben haben die GRÜNEN einen interessanten Diskussionsbeitrag zum Stellenwert der Eisenbahn geliefert (https://www.energiezukunft.eu/mobilitaet/gruene-wollen-bahn-reformieren/).
5. Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)
Wenn die finanzielle Förderung des ÖPNVs durch Bund, Länder und Kommunen an klimapolitische Ziele geknüpft wird, kann durch Einschränkung der individuellen motorisierten Mobilität und Wechsel auf Fahrrad oder ÖPNV ein positiver Effekt auf die Stadtluft ausgeübt werden. Jede Verbesserung der Luftqualität fördert die Gesundheit der Menschen und damit ihre Widerstandskraft in Pandemiezeiten. Dies ist auch ein Beispiel, wie eine klimapolitische Maßnahme gleichzeitig (ohne zusätzliche Kosten) die öffentliche Gesundheit stärken, die Staatskasse entlasten und einen Beitrag zur Pandemie-Prävention leisten kann.

8.3.3 Abbau klimaschädlicher Subventionen / Förderung der Umstellung auf klimafreundliche Alternativen

Das Umweltbundesamt, politische Magazine wie Report Mainz (3.12.2019) und freie Journalisten (Riffreporter) zeigen auf, dass die Subvention von Diesel, Kerosin und Öl-Heizungen 57 Milliarden € in die falsche Richtung gehen und dadurch z.B. der Übergang auf Elektromobilität behindert wird. Wir können diese Gedanken nachvollziehen und fordern daher zusätzlich zu den bisher genannten Verbesserungsmaßnahmen:
1. schadensangemessene Besteuerung von Kerosin
2. schadensangemessene Besteuerung von Diesel und Benzin
3. schadensorientierte Besteuerung von Schiffsdiesel (Kreuzfahrtschiffe) mit dem Ziel der umweltfreundlicheren Umrüstung
Kürzlich wurden die Forderungen des Umweltbundesamtes zur Verkehrswende bekannt:

8.3.4 Schonung des Waldes als Naherholungsraum

In der aktuellen Situation mit deutlich sichtbarer Vernichtung von Wald durch Sturmschäden, Borkenkäfer oder Klimawandelfolgen (Trockenheit) gilt es stärker als je zuvor darauf zu achten, dass Wald nicht zugunsten des Straßenverkehrs zerstört wird. Schließlich gilt es die lange Dauer bis zum Aufbau eines funktionstüchtigen Wald-Klima-Systems zu berücksichtigen.
In einer Zeit, in der die Erreichung der Pariser Klimaziele von existenzieller Bedeutung ist, müssen Straßenbaumaßnahmen besonders geprüft werden, ob sie diesen vorrangigen Zielen dienen. In diese Überlegungen müssen auch Prognosen der Verkehrsentwicklung eingehen. Die junge Generation ist weit weniger daran interessiert, ein eigenes Auto zu besitzen. Ein zunehmendes Umweltbewusstsein weist auch in die Richtung einer geringer werdenden Anzahl von PKWs. Parallel dazu werden die Ausbaupläne der Bahn wirksam, so dass langfristig eine Entlastung der Autobahnen zu erwarten ist. Offenbar sind diese neueren Tendenzen nicht in die von der Politik vorgegebenen Pläne für Straßen-NRW bzw. der Autobahn GmbH eingeflossen.
Die hier aufgeführten politischen Maßnahmen müssen nach allgemeiner Einschätzung schneller umgesetzt werden als bisher. Verzögerungen haben höhere Kosten und stärkere Einschränkungen und trotzdem eine geringere Wirksamkeit zur Folge, wie uns soeben die spät eingeführten Coronabeschränkungen zeigen.
Wenn im Folgenden über persönliches Handeln gesprochen wird, soll das keineswegs missverstanden werden, als könne das ein Ersatz für politische Aktivitäten sein. Vielmehr soll die Diskussion den Politikern zeigen, dass viele Teile der Bevölkerung bereit sind, aus klimapolitischen oder sonstigen Gründen zu persönlichen Veränderungen bereit sind, die nicht als Einschränkung empfunden werden müssen. Politisches Handeln ist überfällig!

8.4 Persönliche Verbesserungsmöglichkeiten

8.4.1 Auswahl des geeigneten Verkehrsmittels (eine kurze Überlegung vor dem Start...)

Die erste persönliche Maßnahme, um Schadstoffe im Straßenverkehr zu vermeiden, sollte die Überlegung sein, welches Verkehrsmittel für die anstehende Aktivität das am besten geeignetste ist. Welche Last muss ich über welche Entfernung bewegen? Bei Entfernungen innerhalb unserer Städte wie Hilden oder Langenfeld ist die Zeitersparnis (siehe 8.3.2), wenn man die fehlende Parkplatzsuche mit einrechnet, offenbar kein Argument für das Auto. Für größere Entfernungen wie z.B. ein Einkauf in einer nahegelegenen Großstadt ist es sinnvoll, die Parkgebühren mit ins Kalkül zu ziehen.
Auch eine City-Maut sollte intensiv diskutiert, in geeigneter Form angewendet werden und könnte so der Gesundheit aller Einwohner förderlich sein.

8.4.2 Freiwillig Tempobegrenzung auf Autobahnen:”100 für uns!”

Nachdem es Politikern in Deutschland bisher nicht gelungen ist, eine Tempolimit durchzusetzen, bleibt Bürgern, die eine Begrenzung für sinnvoll halten, es für sich selbst zu praktizieren. Das ist auch ein Ausgleichsbeitrag an eine Industrie, die sich vor erheblichen Umstellungen in der Endphase der Existenz von Verbrennungsmotoren befindet. Die damit verbundene Beschleunigung des Verkehrsflusses macht neben der zeitweisen Benutzung des Seitenstreifens den Ausbau der A 3 in unserem Bereich überflüssig.
An dieser Stelle darf gefragt werden, ob es ein Recht des Einzelnen auf Umweltverschmutzung gibt und ob das pro Kopf zu denken ist oder soll das eine Frage des Geldes sein soll: wer viel Geld hat oder einsetzt, darf viele Schadstoffe in die Umwelt bringen und letztlich alle damit belasten? Das entspräche einem rücksichtslosen kapitalistischen System. „Klimagerechtigkeit“ sieht anders aus.
Eine Förderung des Autoverkehrs ist gesundheits- und klimapolitisch kontraproduktiv, während der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und des Transportes auf der Schiene die Emissionen reduziert und damit der Gesundheit aller Menschen zugute kommt.

9 Angabe zum Interessenkonflikt

Es besteht kein finanzieller Interessenkonflikt
Dr. med. Gottfried Arnold, Dr. rer.nat. Walther Enßlin

10 ANHANG: Zusatzinformationen, Unterschiedliche wissenschaftliche Bewertungen und Interessenkonflikte

10.1 Feinstaub

Feinstaub ist ein vielfältiges, sich änderndes Gemisch kleinster fester und flüssiger Teilchen (Partikel, engl.Particulate Matter, abgekürzt PM) mit unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung. Dabei entsteht sog. Primärer Feinstaub durch Erosion oder Verbrennung. Sekundärer Feinstaub bildet sich aus primären gasförmigen Luftschadstoffen wie z.B. Schwefel-, Stickoxiden oder Ammoniak (überwiegend aus der Landwirtschaft) und u.a. hochgiftigem Metall wie Blei (Punktquellen: Müllverbrennungsanlagen (MVA), Herstellung von Bleibatterien) oder Quecksilber (Punktquelle: Braun- und Steinkohlekraftwerke). Auch persistierende (nicht abbaubare) organische Schadstoffe (POPs = Persistent Organic Pollutants) wie krebserzeugende Dioxine (Punktquelle: MVA) können in sekundären Feinstäuben vorhanden sein. Nach der Größe wird Feinstaub unterschieden aufgrund des aerodynamischen Durchmessers in
image: 10D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3___ve_Luftschadstoffe-Arnold_Feinstaub-Tabelle.jpg
Der Brems- und Reifenabrieb sowie der Abrieb des Straßenbelages liefern ebenso einen nennenswerten toxikologischen Beitrag zur Feinstaubbildung über Inhaltsstoffe wie die Metalloxide und -sulfide von Antimon, Eisen, Kupfer, Molybdän, Zink, Zinn, Bariumsulfat, Graphit, Gummi (Polyisoprene). Brems- und Reifenabrieb steigen mit dem Gewicht des Fahrzeuges und beim Erreichen einer Elastizitätsgrenze bei einer Grenzgeschwindigkeit von ca. 130 km/h schlagartig an.
Die Größenordnung der Reifenabriebs – auch bei E-Autos - wird durch den Gewichtsverlust eines Autoreifen von 1,5 kg innerhalb von 3 – 4 Jahren [225] verdeutlicht, so dass über 100.000 Tonnen Reifenabrieb pro Jahr auf deutschen Straßen [226] landen. Davon gelangt ein Teil als Mikroplastik in unsere Flüsse und ins Meer.
Hinter „Feinstaub“ können sich sehr unterschiedlich große und in ihrer chemischen Zusammensetzung sehr verschiedene Materialen verbergen :
image: 11D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3___ive_Luftschadstoffe-Arnold_Partikel-Gr____e.png Abb. 9: Partikelgrößen von Feinstaub nach [120]
image: 12D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3___-Arnold_Gr____e-Haar-PM25-EPA-Pinto-de-Mura.png Abb. 10: Vergleich der Partikelgrößen nach EPA [119]
image: 13D__Eigene_Dateien_Dokumente_BUND_Ortgruppe_A3___ative_Luftschadstoffe-Arnold_PM10_in_Europe.png Abb. 11: Feinstaubbelastung in der EU

10.2 Wissenschaftliche Diskussion

Wissenschaftliche Untersuchungen zu Schadstoffen können anhand von epidemiologischen Untersuchungen im Nachhinein durch Vergleich von Erkrankungen bei Personengruppen in höher belasteten Regionen mit denen, die in besserer Umgebungsluft leben (retrospektive Untersuchungen) durchgeführt werden. Solche Untersuchungen sind kostengünstiger, aber auch störanfälliger als Untersuchungen, die zuerst geplant werden und dann bestimmte Parameter genauer in die Zukunft gerichtet erfassen (prospektive Untersuchungen). Mit retrospektiven Untersuchungen ist es im allgemeinen nur möglich, einen statistischen Zusammenhang (Assoziation) zu ermitteln. Ein Nachweis für einen ursächlichen Zusammenhang (Kausalität) gelingt meist nur mit prospektiven Untersuchungen unter Anwendung von Plausibilitätskriterien, mit Nachweis von Wirkungsmechanismen usw. Wenn immer mehr sorgfältig durchgeführte Arbeiten in die gleiche Richtung weisen, steigt damit die Beweiskraft (Evidenz) für einen ursächlichen Zusammenhang.
Dass Luftschadstoffe (einzelne und die Gesamtheit) erhebliche negative Effekte auf die Gesundheit haben, ist wissenschaftlich unbestritten. Wie stark dieser Einfluss bei einzelnen Erkrankungen ist und welche Schadstoffe im einzelnen daran beteiligt sind, darüber können wissenschaftliche Meinungen auseinander gehen. Es sind aber wesentlich mehr Fakten über Gesundheitsschädigungen bekannt als Ursachen in medizinische Lehrbücher übertragen und notwendige gesundheitspolitische Konsequenzen daraus gezogen wurden.

10.3 Interessenkonflikte

Seit einigen Jahren ist es Standard, dass ein/e AutorIn am Ende eines Artikels mitteilt, ob ein finanzieller Interessenkonflikt besteht: ob sie/er bei einer diesbezüglichen Firma angestellt ist oder durch finanzierte Forschungsarbeit verbunden ist. Schließlich ist eine Beeinflussung der Ergebnisse durch derartige Interessenkonflikte allgemein bekannt und nachgewiesen. Wir erinnern uns noch gut an die “Fake News”, die bezüglich der gesundheitlichen Bedeutung der Luftschadstoffe aus der Ecke der Autoindustrie lanciert wurden, wie investigative Journalisten von Report Mainz aufgezeigt haben[86]. Wissenschaftlich stichhaltig (evidenzbasiert) war z.B. das bereits vor dieser Diskussion veröffentliche Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zu Luftschadstoffen und Gesundheit, das auf Seite 4 in einem bildhaften Überblick “Negative Gesundheitseffekte von Luftschadstoffen” zusammenfasst. Die abschließende wissenschaftliche Klarstellung erfolgte z.B. durch Frau Prof. Hoffmann, Uni Düsseldorf (Interview, “Kurzfassung”/Umweltministerium Düsseldorf) und die Wissenschaftler der Leopoldina (Langfassung). Bis dahin wurde sogar auf politischer Ebene darüber diskutiert, die EU-Grenzwerte anzuheben.
Neustes Beispiel eines interessengeleiteten Täuschungsversuches des Verkehrsministers Scheuer und seiner Adjutanten war die Behauptung, die Luftschadstoffwerte wie NO2 seien durch die Corona-Einschränkungen nicht abgesunken und daher könne man getrost die Grenzwerte hochsetzen. Hört sich an wie der Originalton einer die Klima- und Umweltlage verkennenden und damit rückwärtsgewandten Autoindustrie. Nach den Kontraste-Recherchen, die das Gegenteil bewiesen, mußte der Autoindustrie-Schützer nur zurückrudern, nicht etwa gehen [ARD-Sendung Kontraste 7.5.2020].
Dabei sind viele Bürger angesichts der massiven Gesetzes-Verstöße von Seiten der Autoindustrie hierzulande besorgt, dass keine Konsequenzen beim offensichtlichen Versagen von Verkehrspolitikern gezogen werden. Immer noch steht die Autoindustrie unter dem besonderen Schutz des Verkehrsministers, der geschworen hat, dem deutschen Volke zu dienen.
Die Corona-Pandemie dient wiederum der Autoindustrie dazu, die Regierung und die EU unter Druck zu setzen [Lit s.o. 6!] ...
Dies ist eine besondere Art von Interessenkonflikt.

10.4 Folgen von Interessenkonflikten

Im medizinischen Bereich sollen die Leitlinien zu Diagnose und Therapie von häufigen oder gravierenden Erkrankungen dem niedergelassenen Arzt einen wissenschaftlich fundierten Überblick über die aktuell sinnvolle Behandlung geben. Leider sind die hochrangigen Ärzte sehr oft durch Veröffentlichungen über Medikamente mit der Pharma-Industrie verbunden. Es ist leicht vorstellbar, dass eine solche Verbindung die Forschung unterstützen, die Ergebnisse aber auch beeinflussen kann. Wirft eine Studie ein günstigeres Licht auf die Wirkung eines Medikamentes, werden auf der einen Seite eher Nebenwirkungen in Kauf genommen, auf der anderen Seite die Tatsachen verfälscht zum Schaden der Patienten.
Weitreichende Folgen kann es daher auch in den Bereich der Wissenschaft kommen, wo es um die Giftigkeit von Stoffen geht. Institute für Pharmakologie (Wissenschaft von Medikamenten mit Wirkungen und Nebenwirkungen) sind zugleich meist - wenn es überhaupt solche noch gibt - Institute für Toxikologie (Wissenschaft von der Giftigkeit). Wenn ein Institut für Pharmokologie und Toxikologie sich durch kritische Bewertungen bei der Bewertung von Medikamenten oder giftigen Chemikalien hervortut, wird es wohl kaum um eine Studie über ein neues Medikament gefragt. Hier spielt offensichtlich die Finanzierung der Wissenschaft eine besondere Rolle.

10.4.1 Unterfinanzierung von Wissenschaft

Auch im naturwissenschaftlichen Bereich müssen Wissenschaftler aufgrund ihrer geringen finanziellen Basis-Ausstattung Forschungsmittel selbst „einwerben“. Langfristige Forschungsprojekte und Arbeitsplätze für Wissenschaftler- oder spezialisierte AssistentInnen hängen von ausreichenden Fördermitteln ab. Für kritische oder ungünstige Untersuchungsergebnisse wird kein Industriezweig Geld verlieren wollen.
Die scheinbare Win-win-Situation für den Staat, der Geld spart, und die Wirtschaft, die Geld gibt und Wissen erhält, kann so leicht zum Schaden für die Bürger werden: von Intransparenz bis zu verdrehten Fakten. Daher haben Untersuchungen auf gesundheitliche Folgeerkrankungen übermäßig schwierige Startbedingungen, wenn nicht der Staat das öffentliche Interesse sieht oder anerkennt. In einem Wirtschaftssystem, das ausschließlich auf Gewinn ausgerichtet ist, ist das - je nach Blickwinkel - fatal oder ideal!

10.4.2 Wissenslücken werden nicht aufgearbeitet

Aus wissenschaftlich-pragmatischer Sicht kommen immer wieder Fragen auf, aus welchem Grund an bestimmten Stellen dramatische Wissenslücken nicht geschlossen werden.
  1. Fehlbildungsregister: wenn seit Jahren Luftschadstoffe als Ursache von angeborenen Herzfehlern diskutiert werden oder über die am häufigsten angewendeten Pestizide wie Glyphosat so wenig über Fehlbildungen bekannt ist, müsste ein starkes staatliches Interesse bestehen, ein sorgfältiges und flächendeckendes Fehlbildungsregister zu führen. Im Gegensatz zu allen anderen EU-Staaten, die zwischen 30% und etwa 100% ihrer Geburten beobachten, begnügt sich Deutschland mit der Erfassung von 2-3 Prozent seiner Geburten!
  2. Krebserkrankungen: die erschreckende Vielzahl der möglichen Krebserkrankungen durch Luftschadstoffe hat bisher nicht zu verstärkten wissenschaftlichen Abklärung der einzelnen Schadstoffe oder Wirkungsmechanismen oder unklarer Zuordnungen geführt. Trotz der zunehmenden Häufigkeit dieser lebensbegrenzenden Erkrankungen sehen wir keine angemessenen Versuche, den Schadstoffeintrag zu wirkungsvoll zu vermindern.
  3. Entwicklungsstörungen: sowohl durch Luftschadstoffe als auch durch Schwermetalle und hormonaktive Chemikalien kann die geistige Entwicklung lebenslang beeinträchtigt werden. Auch an dieser für unsere Zukunft so wichtigen Stelle finden wir weder angemessene Abklärungsuntersuchungen noch Begrenzungsmaßnahmen.
  4. Neurodegenerative Erkrankungen (Alzheimer, Parkinson,Multiple Sklerose): seit vielen Jahren haben qualifizierte WissenschaftlerInnen anhand der hohen Luftbelastung im Becken von Mexiko City die Auswirkungen auf das Gehirn untersucht und mit Bevölkerungsuntersuchungen (epidemiologischen Studien) und postmortalen Gewebsuntersuchungen an Gehirnen von Hunden und Menschen neben Entwicklungsstörungen der Hörentwicklung, einen Zusammenhang zwischen Luftschadstoffen und der Entwicklung von Alzheimer und Parkinson bei kleinen Fallzahlen gefunden. Diese müssten aber durch weitere Studien mit größeren Fallzahlen abgesichert bzw. ergänzt werden. Bisher sehen wir keine weitere Arbeitsgruppe, die diese Fragen zusätzlich bearbeitet.
  5. Das Zusammenwirken von Luftschadstoffen und Fremdstoffen aus der Nahrung und Hautkontakt (zusammenfassende, übergreifende Betrachtungen): Obwohl wir lebenslang einer Summe von Chemikalien aus der Luft, aus der Nahrung und über die Haut ausgesetzt sind, gibt es aufgrund der Komplexität keine (!) wissenschaftliche Untersuchung, die diesen Gesamtaspekt zu erfassen versucht. Zwar wurde versucht, einzelne Luftschadstoffgruppen wie Dioxine in Beziehung zu setzen, um ihre Giftigkeit besser vergleichen zu können (Toxizitätsäquivalente). Darüber hinaus gibt es nur ganz wenige Tier- oder Gewebsuntersuchungen, die eine Mischung von hormonaktiven Stoffen oder Unkrautvernichter untersuchen. Das wird unserer realen Situation der Aufnahme von Schadstoffen über Luft, Nahrung und Haut von vor der Geburt bis zum Tod nicht im entferntesten gerecht.
  6. Mahnungen der Wissenschaftler werden nicht umgesetzt: Nicht wenige der hier zitierten Wissenschaftler schließen ihre Arbeiten mit dem Hinweis ab, dass die Begrenzung der Luftschadstoffe[87], [88], [89], [90], [91]im Interesse der Gesundheit der Menschen intensiver vorangetrieben werden muss!

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